Salzburg, deine Töchter! Teil 1: Coworking Space Salzburg

Salzburg

Im ersten Teil der Reihe „Salzburg, deine Töchter!“ verschlägt es mich zum Coworking Space Salzburg nach Itzling ins Techno-Z. Laut Wikipedia handelt es sich beim Coworking um eine Entwicklung im Bereich „neue Arbeitsformen“. Freiberufler*innen, Kreative, kleinere Startups oder digitale Nomaden arbeiten dabei zugleich in meist größeren, offenen Räumen und können auf diese Weise voneinander profitieren. Eine dieser digitalen Nomadinnen ist Katrin Gerschpacher, mit der ich verabredet bin. Wir machen uns auf den Weg in die Küche, wo uns Kaffee erwartet. Am Weg dorthin versuche ich, alle Eindrücke so schnell wie möglich aufzusaugen: Ein großer Flügel, der gemeinsam mit einem Sofa den großen, lichtdurchfluteten Büroraum auf einem Podest überblickt. Kleine Notizen und Ansammlungen von Kritzeleien, Poster. Ich hatte mir ein Coworking-Büro immer etwas trister vorgestellt, werde aber sofort vom Gegenteil überzeugt. Hier ist es offen, sympathisch und bis an die Decke voll mit Liebe zum Detail, wie auch die Küche zeigt.

Coworking Space Salzburg: mehr als ein Arbeitsplatz

Bei einem Kaffee erzählt mir Katrin, wie sie zum Coworking Space, der seit 2012 existiert, gekommen ist: Die Gründerin Romy Sigl ist eine gute Freundin von Katrin. Romy ist die Hauptmieterin der Räumlichkeiten, alle „Coworkers“ entsprechend Untermieter*innen. Kurz nach der Eröffnung stieg Katrin in das Team ein und unterstütze, wo sie konnte, bis zu ihrer Karenz. Katrin ist also eine Coworkerin der ersten Stunde in Salzburg. Die Mama von zwei Kindern ist außerdem beim Verein fairMatching tätig. Dort werden Flüchtlinge auf ihrer Arbeitssuche begleitet und bei Behördengängen beispielsweise unterstützt. Dabei kann der Verein in der Vermittlung auf ein großes Business-Netzwerk zurückgreifen. Dieses Netzwerk ist einer der vielen Gründe, weshalb Menschen und Unternehmen Plätze im Coworking Space buchen, erzählt mir Katrin.

Kolleg*innen und Kaffee

Die Gründe, weshalb die derzeit rund 50 Mieter*innen einen Platz im Coworking Space angemietet haben, sind vielfältig: Manche sind bei Unternehmen angestellt, die keinen Firmensitz in Salzburg haben und in naher Zukunft auch keinen benötigen. Andere wiederum sind Teil von Startups, die hier ihre Projekte „pitchen“. Wieder andere sind Selbstständige, die hin und wieder einmal etwas anderes als ihre eigenen vier Wände sehen wollen. Außerdem können alle, die einen Platz angemietet haben, die gesamte Infrastruktur mitnutzen (ob der Flügel funktionsfähig ist und auch zum Inventar gehört, kann ich leider nicht sagen). Dabei ist auch die Art des Mietens flexibel: Man kann sich monatlich einmieten, einen 10er Block buchen, oder auch nur den Meeting-Raum buchen. Dabei haben alle mit einem Schlüsselsystem 24 Stunden am Tag Zutritt – flexibel eben. Die Meisten sind jedoch tagsüber da, weil sie auch die Geselligkeit dort schätzen. Außerdem ist das Netzwerk mit 110 Personen bzw. Unternehmen so groß, dass stets ein guter Austausch untereinander herrscht.

Neben dem beruflichen Netzwerk und geballtem Wissen zählt also auch die Gemeinschaft. Weil die Gemeinschaft so gut funktioniert, gab es vor einiger Zeit ein kleines „Betriebsexperiment“: Coworking-Baby. Weil gleich mehrere Coworking-Babys da waren, taten sich manche zusammen und mieteten einen Raum mit dazu passender Betreuung. Das Projekt war für kurze Zeit sehr erfolgreich, auf lange Sicht jedoch leider zu teuer.

Arbeitswelt 4.0 – Kinderbetreuung 1.0?

Das bringt Katrin und mich gleich zu unserem nächsten Thema: der Unterstützung für EPUs, sogenannte Ein-Personen-Unternehmen. Katrin spricht über die hohe Flexibilität und die tollen Möglichkeiten als Selbstständige und findet es schade, dass EPUs so wenig unterstützt werden:

Die Arbeitswelt hat sich völlig verändert und flexibilisiert. Die Gesetze und Möglichkeiten zur Kinderbetreuung sind aber noch wie in den 70er Jahren. Das ist völlig überholt!

Zusätzlich fördert diese Unflexibilität ihrer Ansicht nach die klassischen Rollen. Wenn es dann Initiativen gibt, gelten diese meistens nur für Angestellte – obwohl der Großteil der EPUs Frauen sind! Dazu gehört die Kinderbetreuungsbeihilfe vom AMS, das Müttern den Wiedereinstieg ins Berufsleben ermöglicht und bei den Kosten für die Kinderbetreuung unter die Arme greift. Solche Initiativen wünscht sich Katrin auch für Selbstständige. Ein weiteres Problem sieht Katrin in den bürokratischen Hürden, die viel zu hoch sind. Das merkt sie nicht nur bei der Kinderbetreuung, sondern auch bei ihrer Arbeit im Verein fairMATCHING, der nun nach unzähligen Telefonaten und frustrierenden Amtswegen eine gute Startposition hat.

Auch, wenn der Kampf durch den Formulardschungel mühsam war, bereut Katrin keine ihrer Entscheidungen und arbeitet gern im Coworking Space – und das merkt man ihr auch an. Danke für das spannende Gespräch!

Janine Heinz

Nanananana, Batmaaaan! Janine Heinz ist die Initiatorin von Salzburgs Töchter und schreibt gerade ihre Masterarbeit in Soziologie. Wenn sie sich nicht gerade zum Sport überwindet, hört sie gerne The Smiths und gibt viel zu viel Geld für Platten, Bücher und in Museumsshops aus

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