Fremd im eigenen Land?

Meinung.

Kati Thiele erzählt uns von ihren Erfahrungen als indisches Adoptivkind Tiroler Eltern. Warum sie sich manchmal fremd im eigenen Land fühlt, könnt ihr hier lesen.

„Geh Kati, jetzt sagst ma aber, wo du bei uns fremd bist! Du bist doch da aufgewachsen und integriert! Das kann ich ma jetzt nicht vorstellen…“ Sätze wie diesen höre ich oft! Ja, das stimmt schon alles… Trotzdem bin ich fremd im eigenen Land.

Wie ich darauf komme?Als ich zehn Monate alt war, wurde ich von meinen Eltern, einem österreichischen Ehepaar aus Kitzbühel adoptiert. 1988 begann also meine Reise von einem fernen Kontinent ins wunderschöne Kitzbühel. Meiner künftigen Heimat. Damals war die Welt noch in Ordnung. Ich hab da ja noch nicht verstanden, wie manche Menschen so ticken. Als ich im Kindergarten war, habe ich relativ schnell gecheckt, das ich anders bin. Alle meine Freund*innen sehen anders aus. Ich bin die einzige die hier dunkel ist.

Früher dachte ich, es sei ein Fehler.

Und während Michael Jackson zu dieser Zeit für die Bleichung seiner Haut zerrissen wurde, konnte ich ihn gut verstehen.

Weiß sein. Dazugehören. Nicht mehr fremd im eigenen Land sein

Schlimm, nicht? Eine ca. Vierjährige, die sich wünschte, gleich auszusehen wie ihre Freund*innen Als ich in der Hauptschule war, fingen die Probleme an. Neger nannten sie mich. Sie erzählten Lügen, schlugen und bespuckten mich. Für das, was ich bin. „Schau du Neger, da kommt dein Bus der dich dahin bringt, wo du herkommst!“ Das waren die harmlosesten Floskeln dieser Kinder.Ich möchte sie gar nicht anders betiteln, denn schließlich waren sie Unwissende und  Heranwachsende, die es nicht besser wussten und wahrscheinlich heute auch noch nicht besser wissen. In meiner Jugend-Zeit änderte sich das plötzlich. Besonders das männliche Geschlecht fing an, sich für mich zu interessieren. Exotisch war also plötzlich wieder in.

 

Das findet ihr sexistisch, vielleicht auch rassistisch? Es geht noch besser!

Aufgrund meines „exotischen“ Aussehens werde ich oft für die Geliebte meines Vaters gehalten. Wobei ich sagen muss, dass das Gesicht der Verkäuferin, die mir das Produkt auf Englisch (!) erklärte, unbezahlbar war, als ich in meinem tiefsten Tiroler-Dialekt sagte: „Na, Papa, wos moanst gfoid da Mama?“ Viele, die ich in solchen Situationen mit ihren eigenen Vorurteilen konfrontiere, sind beschämt und verwirrt. Das kann man aus ihren Gesichtern ziemlich gut lesen.

Ihr seht also, ich nehme es mit Humor. Was ich nicht mit Humor nehme, sind die Menschen, die mich aufgrund meiner Herkunft (un)bewusst verurteilen. Diejenigen, die noch keinen ganzen Satz mit mir gesprochen haben, sich aber nicht von so einem „scheiss Ausländer“ bedienen lassen wollen. Das ist mir im Einzelhandel passiert. Nicht nur einmal. Diejenigen, die mich in Schubladen stecken und versuchen mich zu kategorisieren – sie ermüden mich nur noch.

 

Deswegen möchte ich abschließend sagen, dass es niemals verwerflich ist anders zu sein, sich rechtliche/psychologische Hilfe zu holen, die einem in solchen Fällen zusteht und dass man sich hier in Österreich nicht fremd fühlen muss! Es bedarf nur einer ordentlichen Portion Mut, um dem Fremdenhass die Stirn zu bieten.

Ich bin nicht fremd hier. Die Befremdlichkeit beginnt mit dem Gedanken daran, das etwas anders ist. Nach dem Motto: “ Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“

Und hier müssen wir ansetzen! Reden statt Vorurteilen! Hier müssen wir menschlich wieder Zusammenfinden – hier möchte ich mich wohlfühlen. Als Eurasier*in, als Salzburgerin/Tirolerin, als Östereicherin, als Mensch. Als das, was ich bin und wofür ich stehe.

Janine Heinz

Nanananana, Batmaaaan! Janine Heinz ist die Initiatorin von Salzburgs Töchter und schreibt gerade ihre Masterarbeit in Soziologie. Wenn sie sich nicht gerade zum Sport überwindet, hört sie gerne The Smiths und gibt viel zu viel Geld für Platten, Bücher und in Museumsshops aus

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