Willkommen im 21. Jahrhundert, ihr Trottel!

Willkommen im 21. Jahrhundert Meinung.

Kati Thiele erzählt uns von ihren Erfahrungen als indisches Adoptivkinder Tiroler Eltern. Diesmal geht es um Vorurteile, die sie erfahren musste.

Vor einiger Zeit wurde mir klar, in welch einer komischen Gesellschaft wir eigentlich leben.

Ich war mit meinem Freund auf einer Feier eingeladen, auf die ich mich eigentlich schon sehr gefreut habe. Dort angekommen fanden sich schnell potentielle Gesprächspartner mit denen man sich nett unterhalten konnte. Normal einfach. Nicht bei allen. Ich bemerkte einen Mann, der circa 40 Jahre alt war. Er und seine Freunde waren mir schon vorher aufgefallen, denn sie starrten mich die ganze Zeit an. Und als es mir eben bei diesem Mal dann zu dumm war sprach ich ihn an und fragte, was denn so außergewöhnlich sei das er so gaffte.

Als er mir dann antwortete, ich wäre ja so eine auffällige und nicht alltägliche Erscheinung wollte ich weitergehen, da hörte ich: „Ich habe mir jetzt erwartet dass du gebrochenes Deutsch sprichst. Warum redest du kein gebrochenes Deutsch? Du bist doch nicht von hier.“ Ich fragte mich, ob EurasierInnen nicht in Salzburg wohnen könnten, blieb aber freundlich, grinste ihn an und erklärte ihm, dass ich eine adoptierte Inderin bin, die in Tirol aufgewachsen ist.

Das hatte meinen Gesprächspartner offenbar überfordert. Was nicht verwunderlich war, fiel in dieser Unterhaltung doch auch tatsächlich der Satz

„und du hast so große Möpse, die springen einen ja förmlich an…“

Dass ich nicht lache! Weil wenn man als Frau Ausschnitt trägt, dann ist das ja die Einladung zum reingaffen- denn die springen einen ja an. Logisch oder?

Vorurteile? Braucht kein Mensch! Willkommen im 21. Jahrhundert!

Aber das ist ja kein Einzelfall. Ich glaube, ich könnte noch hunderte solcher Beispiele bringen. Aber ganz ehrlich? Es ermüdet mich. Es ist einfach so sinnbefreit! Warum kann man denn einen Menschen nicht einfach so annehmen wie er ist? Warum diese verschissenen Vorurteile? Und das Schlimmste- das starren!

Leute, bitte hört auf mich anzustarren. Ich bin keine Rarität oder armes Zirkustier das sein Dasein mit anstarren fristen möchte!

Ich bin ein Mensch. Wie du.

Ich atme die gleiche Luft wie ihr, ich esse (wahrscheinlich) das gleiche Essen wie ihr, ich habe einen Job, eine fundierte schulische Ausbildung und verdanke einem Paar aus Kitzbühel mein Leben! Ich bin seit fast dreißig Jahren in Österreich. Meiner Heimat. Dort wo meine Freunde und meine Familie wohnen. Ich bin also integriert. Habe mir nie was zu Schulden kommen lassen. Weil manche ja so über Integration schimpfen – „Ausländer wollen sich nicht integrieren Bla-Bla“ Immer wenn ich das hör, könnte ich kotzen!

Und trotzdem muss ich mir immer wieder die Frage stellen, warum es Menschen gibt, die so schnell urteilen. Wir haben als Menschheit offensichtlich nichts dazugelernt. Da bringt uns der ganze technische Fortschritt nichts, wenn wir trotz alledem hinterwäldlerische Hohlköpfe sind!

Hass. Vorurteile. Neid. All das nehme ich teilweise in meiner Umwelt wahr.

Nicht nur, dass ich angestarrt und angefeindet werde. Nein! Ich denke, dass fast alle etwas an sich haben, das andere verurteilen können. Sei es ein Leberfleck, eine Behinderung, die „falsche“ Kleidergröße/Kleidung, ein Tattoo, eine andere Haarfarbe oder was auch immer!

Wahrscheinlich weil sie selbst nicht zufrieden sind, und deswegen „Fehler“ bei anderen suchen. Ein Armutszeugnis.

Und um es mit den Worten von Georg Christoph Lindenberg ( 1742-1799, Deutscher Physiker- und Meister des Aphorismus) abzuschließen:

„Gesetzt den Fall, wir würden eines Morgens aufwachen und feststellen, dass plötzlich alle Menschen die gleiche Hautfarbe und den gleichen Glauben haben, wir hätten garantiert bis Mittag neue Vorurteile.”

 

Janine Heinz

Nanananana, Batmaaaan! Janine Heinz ist die Initiatorin von Salzburgs Töchter und schreibt gerade ihre Masterarbeit in Soziologie. Wenn sie sich nicht gerade zum Sport überwindet, hört sie gerne The Smiths und gibt viel zu viel Geld für Platten, Bücher und in Museumsshops aus

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